Sonntag, 27. Mai 2012

Im Magen von Da


Das Königreich von Abomey war mächtig. Der zweite König hieß Akaba. Das Orakel sagte Akaba, dass, wenn er so mächtig werden wolle wie sein Vater, er Da töten müsse. Da aber war mächtig und beherrschte die Kunst der schwarzen Magie. Akaba jedoch war klug. Er freundete sich mit Da an und eines nachts, als Da schlief, erstach er ihn. Akaba schlitzte den Bauch von Da auf und legte ein Samenkorn hinein. Dann warf er Da in eine tiefe Grube. An der Stelle, an der Da begraben wurde, wuchs ein großer Baum, den bis heute niemand anfassen darf. Am darauffolgenden Morgen versammelte sich das Volk und Akaba verkündete, dass Da tot sei.
Da-ho-mey war geboren – im Magen von Da.

Abomey ist eine Stadt voll von Geschichten. Geschichten von sprechenden Babys, Frauen, die ihrem König in den Tod folgen, von schwarzen Magiern und Königen. Abomey ist voll von Vodootempeln, Fetischeuren und sogenannten „Revenants“, Gestalten in bunten Kostümen, unter denen sich angeblich die Geister der Ahnen befinden.
Das Königreich von Abomey ging mit dem Einmarsch der Franzosen unter. Aber die Franzosen hatten Angst vor der Macht Abomeys. Daher errichteten sie die „Ersatzstadt“ Bohicon, nur wenige Kilometer von Abomey entfernt. Bohicon wurde zum Wirtschaftszentrum, noch heute findet man in Abomey keine einzige Bank, wenn man weiterreisen möchte, muss man zwingend über Bohicon fahren.

Cotonou hingegen ist eine Großstadt mit einem monströsem Gesicht. Das Gesicht heißt Verkehr. Die Straßen sind überfüllt von Motos, Zigtausende sind es, umsichtiges Fahren ist hier ein Fremdwort. Die Fahrer schauen nach vorne, aber nicht nach hinten, nach links, aber nicht nach rechts. So ist es nicht verwunderlich, dass Cotonou bei mir Spuren hinterlassen hat. Kurz hinter einem Kreisverkehr bleibt mein Moto-Fahrer stehen, als uns ein anderes Motorrad von der Seite rammt. Der Auspuff schrammt meinen linken Fuß und zurück bleibt eine klassische Brandwunde.
Man sollte also die Moto-Taxis in Cotonou möglichst meiden oder zumindest feste Schuhe tragen.

In Cotonou befindet sich ein Museum für moderne Kunst mit wechselnden Ausstellungen, die Fondation Zinsou. Die momentane Ausstellung zeigt Fotografien der Jäger von Banté, alte, mächtige Männer, die in den Wald gingen, um große Tiere zu schießen. Ein Löwe konnte damals 100.000CFA (150€) einbringen, ein Vermögen. Die Männer sind mit allen möglichen Fetischen behangen, viele haben Parfümdöschen mit Pflanzengeruch, damit die Beute sie nicht als Menschen erkennt und davonrennt. Heutzutage schießen die Jäger keine großen Tiere mehr, es gibt kaum noch welche. Die verbliebenen Tiere werden in Nationalparks geschützt und die Jäger müssen sich mit dem Schießen von Buschratten und anderem Kleingetier begnügen.

Wenige Kilometer von Cotonou entfernt kann man ein Stelzendorf besichtigen. Man fährt mit einem kleinen Boot (Pirogue) nach Ganvié, einem Dorf mitten auf dem See. Alles ist auf Stelzen gebaut: Die Moschee, die Kirche, die Schule. Der Markt besteht aus mehreren Pirogues von denen aus die Marktfrauen ihre Ware verkaufen. Der Hafen vor Ganvié ist sehr touristisch, die Preise für eine einstündige Tour sind horrend. Doch das Geld kommt dem Tourismusministerium des Benins zugute und Ganvié sieht von dem Geld keinen Franc. Das macht sich auf der Bootsfahrt auch bemerkbar: Die Stelzenhäuser zerfallen, es gibt keinen Strom, die Exkremente landen im See, die Anwohner betteln um hundert Francs, wenn sie Weiße sehen.

Dassar liegt zwei Stunden weiter nördlich von Abomey. Es ist eine idyllische Kleinstadt und wäre eigentlich nichts besonderes, wenn es hier nicht wunderschöne Felsformationen gäbe. Wenn man einen dieser Felsen besteigt, bietet sich einem die unendliche Weite der Graslandebene dar. Unseren letzten Abend im Benin verbringen wir damit, der untergehenden Sonne von einer Felserhebung aus zuzusehen.