Mittwoch, 8. August 2012

Afrique un jour, Afrique toujours!

Die Rückkehr
Seit Ende Juli bin ich wieder zurück. Die letzten zwei Wochen in Togo vergingen wie ein Tag und ich war vor allem beschäftigt mit Abschied „feiern“ und mich nicht zu überfressen, denn auf die letzten Meter wurde man von jedem zu einem Abschieds-Fufu-Essen eingeladen, am Mittwoch vor meinem Abflug hatte ich drei Mal das Vergnügen eine Riesenportion Fufu verdrücken zu dürfen und hätte mir nicht der gute Sodabi (Palmweinschnaps) als Digestif gedient, wäre ich wohl geplatzt.
Die letzten Stunden verbrachte ich im Kreise meiner Familie in Lomé, die mich zum Flughafen brachte. Bevor es zu sentimental werden konnte verdrückten sich alle und ich checkte ein. „Ne pleure pas“ (weine nicht) hört man oft im togoischen Krankenhaus. Für Abschiede gilt wohl dasselbe: Eine echte Togoerin weint nicht. Im Flugzeug flossen dann doch die Tränen. Und dann die nächsten, als ich sechs Stunden später den Stuttgarter Fernsehturm erblickte. Es ist eben beides. Meine Familie in Togo zu verlassen, fiel mir unglaublich schwer. Meine Familie in Deutschland wiederzusehen, war wundervoll. Mein Herz gehört beiden.
Hier in Deutschland hat sich nicht allzu viel verändert. Doch nach meinem Jahr in Togo fallen mir Dinge auf, die mir vorher normal erschienen. Die Straßen wirken tatsächlich leer, ja ausgestorben. Die Menschen schauen mürrisch, als ginge es ihnen schlecht und hetzen nur so durch die Stadt. Keiner nimmt sich Zeit, keiner grüßt, keiner handelt Preise aus. Wo sind die Motos? Wieso ruft keiner Yovo, Yovo? Warum darf ich nicht mehr handeln? Letztens war ich auf einem Flohmarkt und wollte den Preis für eine Kaffeedose verhandeln. Der Verkäufer sagte 10€, ich 5€, darauf hin schnaubte er beleidigt, als hätte ich ihm etwas Böses getan. Ich war überrascht, denn für mich ist dies eine gewöhnliche Handelsstrategie. (Seine Frau besänftigte ihn dann und ich bekam die Dose für 7€). Überall sind Weiße in der Stadt und mir kommt es vor, als würde ich sie irgendwoher kennen. Klar, in Kpalimé kannte ich doch alle Yovos (Weißen). Vielleicht langweile ich Euch mit meinen Vergleichen, denn ist ist schwer, von Deutschland aus zu beurteilen, wie sich die Rückkehr anfühlt.
Auf ein „wie war's?“ weiß ich keine Antwort. Ich fange einen Satz an, aber die Menschen wollen nur „gut“ oder „schön“ hören. Ich glaube die Antwort lautet: Es war alles. Es war gut und schlecht, aufregend, langweilig, laut und leise, schwarz und weiß und bunt, es war Krankheit und Gesundheit, es war Arbeit und Reisen, es war Integration und Weiß-sein, es war Ewe-Lernen und Wasser schleppen, Moto fahren, handeln, Fufu essen (hoch 10), es war lehren und lernen, es war Freunde finden, eine neue Familie haben, glücklich sein und noch vieles, vieles mehr:
Es war Togo.


Weltwärts
Meine liebe Freundin Selia sagte am Anfang unseres Togo-Aufenthaltes: „Das ist kein Austausch und wir sind auch nicht gleich!“ Gleich werden wir wohl nicht mehr und wollen wir auch gar nicht sein. Gleich würde bedeuten, dass sich alle Gruppierungen einer herrschenden anschließen müssten. Wir sind weiß und schwarz und people of colour und selbst wenn man uns alle lila anmalen würde, würden die einen noch Fufu essen und die anderen Kartoffelsalat und meine Mama Daami Maisbrei, weil sie doch kein Fufu verträgt. Aber das mit dem Austausch ist durchaus verbesserungswürdig. Momentan sieht der „Austausch“ so aus: Jährlich fliegen 3000 deutsche Jugenliche - meist Abiturienten – in ein Land des globalen Südens, verbringen dort das Jahr, versuchen, sich zu integrieren, zu lernen und fliegen wieder zurück. Dann nehmen sie zwar viel für sich selbst und für ihr Umfeld in Deutschland mit, aber die dortigen Jugendlichen haben keine Möglichkeit zu erfahren, wie es bei uns aussieht. Viele togoische Jugendliche träumen vom Schlaraffenland Europa, wo das Geld auf der Straße liegt und man es nur auszusammeln braucht. Wenn wir Austausch wollen, dann echten und beidseitigen, denn einseitiger Austausch existiert doch gar nicht. Es gibt einige Organisationen, die sich dafür einsetzen, dass junge Menschen aus Ländern des globalen Südens die Möglichkeit haben einen Freiwilligendienst in Deutschland abzuleisten. Ich werde bald anfangen diese Idee zu unterstützen und ihr dürft das natürlich auch tun!


Und was mich angeht, so habe ich meinen togoischen Freundinnen und Freunden gesagt: Ich sage nicht Adieu, ich sage auf Wiedersehen.
Togo, miadogo-loo! (Togo, bis bald!)


Und euch sieht man hoffentlich bald persönlich, denn „je suis là“ - ich bin da!
Liebste Grüße aus Stuttgart,



Eure Claudia Aku Adessou.