Die
Rückkehr
Seit
Ende Juli bin ich wieder zurück. Die letzten zwei Wochen in Togo
vergingen wie ein Tag und ich war vor allem beschäftigt mit Abschied
„feiern“ und mich nicht zu überfressen, denn auf die letzten
Meter wurde man von jedem zu einem Abschieds-Fufu-Essen eingeladen,
am Mittwoch vor meinem Abflug hatte ich drei Mal das Vergnügen eine
Riesenportion Fufu verdrücken zu dürfen und hätte mir nicht der
gute Sodabi (Palmweinschnaps) als Digestif gedient, wäre ich wohl
geplatzt.
Die
letzten Stunden verbrachte ich im Kreise meiner Familie in Lomé, die
mich zum Flughafen brachte. Bevor es zu sentimental werden konnte
verdrückten sich alle und ich checkte ein. „Ne pleure pas“
(weine nicht) hört man oft im togoischen Krankenhaus. Für Abschiede
gilt wohl dasselbe: Eine echte Togoerin weint nicht. Im Flugzeug
flossen dann doch die Tränen. Und dann die nächsten, als ich sechs
Stunden später den Stuttgarter Fernsehturm erblickte. Es ist eben
beides. Meine Familie in Togo zu verlassen, fiel mir unglaublich
schwer. Meine Familie in Deutschland wiederzusehen, war wundervoll.
Mein Herz gehört beiden.
Hier in Deutschland hat sich nicht allzu viel verändert. Doch nach meinem Jahr in Togo
fallen mir Dinge auf, die mir vorher normal erschienen. Die Straßen
wirken tatsächlich leer, ja ausgestorben. Die Menschen schauen
mürrisch, als ginge es ihnen schlecht und hetzen nur so durch die
Stadt. Keiner nimmt sich Zeit, keiner grüßt, keiner handelt Preise
aus. Wo sind die Motos? Wieso ruft keiner Yovo, Yovo? Warum darf ich
nicht mehr handeln? Letztens war ich auf einem Flohmarkt und wollte
den Preis für eine Kaffeedose verhandeln. Der Verkäufer sagte 10€,
ich 5€, darauf hin schnaubte er beleidigt, als hätte ich ihm etwas
Böses getan. Ich war überrascht, denn für mich ist dies eine
gewöhnliche Handelsstrategie. (Seine Frau besänftigte ihn dann und
ich bekam die Dose für 7€). Überall sind Weiße in der Stadt und
mir kommt es vor, als würde ich sie irgendwoher kennen. Klar, in
Kpalimé kannte ich doch alle Yovos (Weißen). Vielleicht langweile
ich Euch mit meinen Vergleichen, denn ist ist schwer, von Deutschland
aus zu beurteilen, wie sich die Rückkehr anfühlt.
Auf ein
„wie war's?“ weiß ich keine Antwort. Ich fange einen Satz an,
aber die Menschen wollen nur „gut“ oder „schön“ hören. Ich
glaube die Antwort lautet: Es war alles. Es war gut und schlecht,
aufregend, langweilig, laut und leise, schwarz und weiß und bunt, es
war Krankheit und Gesundheit, es war Arbeit und Reisen, es war
Integration und Weiß-sein, es war Ewe-Lernen und Wasser
schleppen, Moto fahren, handeln, Fufu essen (hoch 10), es war lehren
und lernen, es war Freunde finden, eine neue Familie haben, glücklich
sein und noch vieles, vieles mehr:
Es war
Togo.
Weltwärts
Meine liebe Freundin Selia sagte am Anfang unseres Togo-Aufenthaltes: „Das
ist kein Austausch und wir sind auch nicht gleich!“ Gleich werden
wir wohl nicht mehr und wollen wir auch gar nicht sein. Gleich würde
bedeuten, dass sich alle Gruppierungen einer herrschenden anschließen
müssten. Wir sind weiß und schwarz und people of colour und selbst
wenn man uns alle lila anmalen würde, würden die einen noch Fufu
essen und die anderen Kartoffelsalat und meine Mama Daami Maisbrei,
weil sie doch kein Fufu verträgt. Aber das mit dem Austausch ist
durchaus verbesserungswürdig. Momentan sieht der „Austausch“ so
aus: Jährlich fliegen 3000 deutsche Jugenliche - meist Abiturienten
– in ein Land des globalen Südens, verbringen dort das Jahr,
versuchen, sich zu integrieren, zu lernen und fliegen wieder zurück.
Dann nehmen sie zwar viel für sich selbst und für ihr Umfeld in
Deutschland mit, aber die dortigen Jugendlichen haben keine
Möglichkeit zu erfahren, wie es bei uns aussieht. Viele togoische
Jugendliche träumen vom Schlaraffenland Europa, wo das Geld auf der
Straße liegt und man es nur auszusammeln braucht. Wenn wir Austausch
wollen, dann echten und beidseitigen, denn einseitiger Austausch
existiert doch gar nicht. Es gibt einige Organisationen, die sich dafür
einsetzen, dass junge Menschen aus Ländern des globalen Südens die
Möglichkeit haben einen Freiwilligendienst in Deutschland
abzuleisten. Ich werde bald anfangen diese Idee zu unterstützen und
ihr dürft das natürlich auch tun!
Und was
mich angeht, so habe ich meinen togoischen Freundinnen und Freunden
gesagt: Ich sage nicht Adieu, ich sage auf Wiedersehen.
Togo,
miadogo-loo! (Togo, bis bald!)
Und euch
sieht man hoffentlich bald persönlich, denn „je suis là“ - ich
bin da!
Liebste
Grüße aus Stuttgart,
Eure
Claudia Aku Adessou.