Mittwoch, 8. August 2012

Afrique un jour, Afrique toujours!

Die Rückkehr
Seit Ende Juli bin ich wieder zurück. Die letzten zwei Wochen in Togo vergingen wie ein Tag und ich war vor allem beschäftigt mit Abschied „feiern“ und mich nicht zu überfressen, denn auf die letzten Meter wurde man von jedem zu einem Abschieds-Fufu-Essen eingeladen, am Mittwoch vor meinem Abflug hatte ich drei Mal das Vergnügen eine Riesenportion Fufu verdrücken zu dürfen und hätte mir nicht der gute Sodabi (Palmweinschnaps) als Digestif gedient, wäre ich wohl geplatzt.
Die letzten Stunden verbrachte ich im Kreise meiner Familie in Lomé, die mich zum Flughafen brachte. Bevor es zu sentimental werden konnte verdrückten sich alle und ich checkte ein. „Ne pleure pas“ (weine nicht) hört man oft im togoischen Krankenhaus. Für Abschiede gilt wohl dasselbe: Eine echte Togoerin weint nicht. Im Flugzeug flossen dann doch die Tränen. Und dann die nächsten, als ich sechs Stunden später den Stuttgarter Fernsehturm erblickte. Es ist eben beides. Meine Familie in Togo zu verlassen, fiel mir unglaublich schwer. Meine Familie in Deutschland wiederzusehen, war wundervoll. Mein Herz gehört beiden.
Hier in Deutschland hat sich nicht allzu viel verändert. Doch nach meinem Jahr in Togo fallen mir Dinge auf, die mir vorher normal erschienen. Die Straßen wirken tatsächlich leer, ja ausgestorben. Die Menschen schauen mürrisch, als ginge es ihnen schlecht und hetzen nur so durch die Stadt. Keiner nimmt sich Zeit, keiner grüßt, keiner handelt Preise aus. Wo sind die Motos? Wieso ruft keiner Yovo, Yovo? Warum darf ich nicht mehr handeln? Letztens war ich auf einem Flohmarkt und wollte den Preis für eine Kaffeedose verhandeln. Der Verkäufer sagte 10€, ich 5€, darauf hin schnaubte er beleidigt, als hätte ich ihm etwas Böses getan. Ich war überrascht, denn für mich ist dies eine gewöhnliche Handelsstrategie. (Seine Frau besänftigte ihn dann und ich bekam die Dose für 7€). Überall sind Weiße in der Stadt und mir kommt es vor, als würde ich sie irgendwoher kennen. Klar, in Kpalimé kannte ich doch alle Yovos (Weißen). Vielleicht langweile ich Euch mit meinen Vergleichen, denn ist ist schwer, von Deutschland aus zu beurteilen, wie sich die Rückkehr anfühlt.
Auf ein „wie war's?“ weiß ich keine Antwort. Ich fange einen Satz an, aber die Menschen wollen nur „gut“ oder „schön“ hören. Ich glaube die Antwort lautet: Es war alles. Es war gut und schlecht, aufregend, langweilig, laut und leise, schwarz und weiß und bunt, es war Krankheit und Gesundheit, es war Arbeit und Reisen, es war Integration und Weiß-sein, es war Ewe-Lernen und Wasser schleppen, Moto fahren, handeln, Fufu essen (hoch 10), es war lehren und lernen, es war Freunde finden, eine neue Familie haben, glücklich sein und noch vieles, vieles mehr:
Es war Togo.


Weltwärts
Meine liebe Freundin Selia sagte am Anfang unseres Togo-Aufenthaltes: „Das ist kein Austausch und wir sind auch nicht gleich!“ Gleich werden wir wohl nicht mehr und wollen wir auch gar nicht sein. Gleich würde bedeuten, dass sich alle Gruppierungen einer herrschenden anschließen müssten. Wir sind weiß und schwarz und people of colour und selbst wenn man uns alle lila anmalen würde, würden die einen noch Fufu essen und die anderen Kartoffelsalat und meine Mama Daami Maisbrei, weil sie doch kein Fufu verträgt. Aber das mit dem Austausch ist durchaus verbesserungswürdig. Momentan sieht der „Austausch“ so aus: Jährlich fliegen 3000 deutsche Jugenliche - meist Abiturienten – in ein Land des globalen Südens, verbringen dort das Jahr, versuchen, sich zu integrieren, zu lernen und fliegen wieder zurück. Dann nehmen sie zwar viel für sich selbst und für ihr Umfeld in Deutschland mit, aber die dortigen Jugendlichen haben keine Möglichkeit zu erfahren, wie es bei uns aussieht. Viele togoische Jugendliche träumen vom Schlaraffenland Europa, wo das Geld auf der Straße liegt und man es nur auszusammeln braucht. Wenn wir Austausch wollen, dann echten und beidseitigen, denn einseitiger Austausch existiert doch gar nicht. Es gibt einige Organisationen, die sich dafür einsetzen, dass junge Menschen aus Ländern des globalen Südens die Möglichkeit haben einen Freiwilligendienst in Deutschland abzuleisten. Ich werde bald anfangen diese Idee zu unterstützen und ihr dürft das natürlich auch tun!


Und was mich angeht, so habe ich meinen togoischen Freundinnen und Freunden gesagt: Ich sage nicht Adieu, ich sage auf Wiedersehen.
Togo, miadogo-loo! (Togo, bis bald!)


Und euch sieht man hoffentlich bald persönlich, denn „je suis là“ - ich bin da!
Liebste Grüße aus Stuttgart,



Eure Claudia Aku Adessou.

Freitag, 13. Juli 2012

Lomé, ça bouge!


Seit Ende Juni ist unser Workcamp nun vorbei, die Latrinen stehen (fast...) und werden ab kommendem Schuljahr hoffentlich benutzt werden. Ich selbst wohne seit Ende Juni in Lomé. Was ich da mache? Nach meiner langen Krankheitsphase im Mai habe ich beschlossen nicht mehr auf Reisen zu gehen und stattdessen ein Krankenpflegepraktikum in der Polyclinique Internationale St.Joseph abzuleisten.
Die Aufgaben sind hier ganz typisch für ein Pflegepraktikum: Patienten messen, auf die „Patientenklingel“ reagieren und die Patienten zu Untersuchungen etc. bringen. Oftmals also einfach nur Laufbursche. Dazu muss gesagt werden, dass es im St.Joseph schon deutlich anders zugeht als in anderen Krankenhäusern oder Gesundheitsstationen Togos: In allen anderen Krankenhäusern braucht man, wenn man krank ist, eine Begleitperson, die sich um einen kümmert, Essen bringt und den/die Krankenpfleger/in holt falls was ist. Da das St Joseph eine Privatklinik ist fühlt man sich doch mehr an Deutschland erinnert – vor allem durch die Patientenklingel. Hinzu kommt, dass es hier eine Hand voll Ärzte gibt, in den Gesundheitsstationen hingegen lediglich einen „Assistant médical“. Jedenfalls fühle ich mich immer wohl, wenn ich im Krankenhaus arbeite und das ist wohl als angehende Medizinstudentin ein gutes Zeichen. Letzten Mittwoch durfte ich sogar bei einer Operation zuschauen (Myemektomie) und bin weder umgekippt noch fand ich es ekelig, sondern war eher erstaunt wie man „einfach“ jemanden aufschneiden, das Böse im Körper herausschneiden und anschließend wieder zunähen kann.
Dann gibt es wiederum die anderen Tage. Tage, an denen es so wenige Patienten gibt, dass man nichts zu tun hat. Oder Tage, an denen eine 26-jährige Patientin nachts mit Erbrechen und Kopfschmerzen eingeliefert wird und am Morgen darauf an einer Hirnblutung stirbt. Ohne dass man es hätte ahnen können. Aber auch das gehört zum Krankenhausalltag.
Und Lomé? Ist laut, großstädtisch und dreckig. Und ich fange an, Lomé zu mögen. Es gibt in Lomé alles. Naja, oder fast. Kpalimé wirkt nun wieder wie ein Dorf wenn ich aus Lomé zurückkomme. Die Motopreise überschreiten tagsüber nie 200F und ich habe keine Angst eine Straße zu überqueren. Dafür gibt es in Lomé das Goethe-Institut, die dortige Bibliothek mit aktuellen Zeitungen, Schöner-Wohnen-Katalogen und Heinrich-Böll-Romanen, es gibt das Centre Culturel Francais mit Filmvorstellungen aktueller Kinofilme (mittwochs um 18 Uhr) und das Foyer des Marins, das sonntags Käsekuchen und Schwarzwälder Kirschtorte verkauft.
Ich habe das Gefühl in einer „Zwischenwelt“ zu leben. In meiner Vergangenheit liegen das Bergdorf Tomégbé, meine 4ème-Schüler, die Schulbibliothek, der Mt Kloto, die Wasserfälle und die unendliche Ruhe; vor mir liegen Stuttgart, meine Familie, meine Freunde, mein Studium, mein Umzug nach Leipzig. Und ich hänge irgendwie dazwischen und akklimatisiere mich. Vielleicht wird mich Lomé vor dem Rückkehrschock bewahren.
Ich stelle mir vor, wie es ist, wieder in Deutschland zu sein. Die Straßen: ausgestorben? Keine Straßenstände, keine Frauen mit Wasser auf dem Kopf (oder Karotten oder Nagellack), keine Motos, die einen schnell mal von A nach B bringen, und überall nur Yovos? Ist es in Deutschland wirklich so kalt wie man hier behauptet? Obwohl, jetzt ist doch eigentlich Sommer in Deutschland. Ist in Deutschland alles teuer? Ist in Deutschland alles besser? Ich war nur elf Monate weg, aber es kommt mir ewig vor.
Ich zähle langsam die Tage. Es sind noch vierzehn. Am Freitag in zwei Wochen nach sechs Stunden und zehn Minuten Flugzeit lande ich in Stuttgart. Die Fahrt nach Balanka dauert länger. Noch sieben Tage im St. Joseph arbeiten, noch einmal Fufu essen bei Luc, noch einmal auf den Markt gehen und Obst kaufen, noch hundertmal Motofahren und handeln und sich der Sonne und der Menschen erfreuen. Dass ich so viel zähle ist vielleicht gut. Vielleicht wandert mein Kopf langsam nach Deutschland. Und mein Körper kommt demnächst nach.
Wie es zurück in Deutschland ist? Verrate ich im nächsten und letzten Bericht.


Bis bald (und diesmal wirklich)



Eure Aku.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Travailler, travailler, travailler!

 Seit dem 11. Juni ist unser Abschluss-Workcamp in vollem Gange. In diesem Sinne möchte ich hier gar nicht viel erzählen, sondern nochmal auf unseren Workcamp-Blog verweisen:


latrinenfuerkpodzi.wordpress.com



Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen,


Eure Claudia Aku.

Sonntag, 27. Mai 2012

Im Magen von Da


Das Königreich von Abomey war mächtig. Der zweite König hieß Akaba. Das Orakel sagte Akaba, dass, wenn er so mächtig werden wolle wie sein Vater, er Da töten müsse. Da aber war mächtig und beherrschte die Kunst der schwarzen Magie. Akaba jedoch war klug. Er freundete sich mit Da an und eines nachts, als Da schlief, erstach er ihn. Akaba schlitzte den Bauch von Da auf und legte ein Samenkorn hinein. Dann warf er Da in eine tiefe Grube. An der Stelle, an der Da begraben wurde, wuchs ein großer Baum, den bis heute niemand anfassen darf. Am darauffolgenden Morgen versammelte sich das Volk und Akaba verkündete, dass Da tot sei.
Da-ho-mey war geboren – im Magen von Da.

Abomey ist eine Stadt voll von Geschichten. Geschichten von sprechenden Babys, Frauen, die ihrem König in den Tod folgen, von schwarzen Magiern und Königen. Abomey ist voll von Vodootempeln, Fetischeuren und sogenannten „Revenants“, Gestalten in bunten Kostümen, unter denen sich angeblich die Geister der Ahnen befinden.
Das Königreich von Abomey ging mit dem Einmarsch der Franzosen unter. Aber die Franzosen hatten Angst vor der Macht Abomeys. Daher errichteten sie die „Ersatzstadt“ Bohicon, nur wenige Kilometer von Abomey entfernt. Bohicon wurde zum Wirtschaftszentrum, noch heute findet man in Abomey keine einzige Bank, wenn man weiterreisen möchte, muss man zwingend über Bohicon fahren.

Cotonou hingegen ist eine Großstadt mit einem monströsem Gesicht. Das Gesicht heißt Verkehr. Die Straßen sind überfüllt von Motos, Zigtausende sind es, umsichtiges Fahren ist hier ein Fremdwort. Die Fahrer schauen nach vorne, aber nicht nach hinten, nach links, aber nicht nach rechts. So ist es nicht verwunderlich, dass Cotonou bei mir Spuren hinterlassen hat. Kurz hinter einem Kreisverkehr bleibt mein Moto-Fahrer stehen, als uns ein anderes Motorrad von der Seite rammt. Der Auspuff schrammt meinen linken Fuß und zurück bleibt eine klassische Brandwunde.
Man sollte also die Moto-Taxis in Cotonou möglichst meiden oder zumindest feste Schuhe tragen.

In Cotonou befindet sich ein Museum für moderne Kunst mit wechselnden Ausstellungen, die Fondation Zinsou. Die momentane Ausstellung zeigt Fotografien der Jäger von Banté, alte, mächtige Männer, die in den Wald gingen, um große Tiere zu schießen. Ein Löwe konnte damals 100.000CFA (150€) einbringen, ein Vermögen. Die Männer sind mit allen möglichen Fetischen behangen, viele haben Parfümdöschen mit Pflanzengeruch, damit die Beute sie nicht als Menschen erkennt und davonrennt. Heutzutage schießen die Jäger keine großen Tiere mehr, es gibt kaum noch welche. Die verbliebenen Tiere werden in Nationalparks geschützt und die Jäger müssen sich mit dem Schießen von Buschratten und anderem Kleingetier begnügen.

Wenige Kilometer von Cotonou entfernt kann man ein Stelzendorf besichtigen. Man fährt mit einem kleinen Boot (Pirogue) nach Ganvié, einem Dorf mitten auf dem See. Alles ist auf Stelzen gebaut: Die Moschee, die Kirche, die Schule. Der Markt besteht aus mehreren Pirogues von denen aus die Marktfrauen ihre Ware verkaufen. Der Hafen vor Ganvié ist sehr touristisch, die Preise für eine einstündige Tour sind horrend. Doch das Geld kommt dem Tourismusministerium des Benins zugute und Ganvié sieht von dem Geld keinen Franc. Das macht sich auf der Bootsfahrt auch bemerkbar: Die Stelzenhäuser zerfallen, es gibt keinen Strom, die Exkremente landen im See, die Anwohner betteln um hundert Francs, wenn sie Weiße sehen.

Dassar liegt zwei Stunden weiter nördlich von Abomey. Es ist eine idyllische Kleinstadt und wäre eigentlich nichts besonderes, wenn es hier nicht wunderschöne Felsformationen gäbe. Wenn man einen dieser Felsen besteigt, bietet sich einem die unendliche Weite der Graslandebene dar. Unseren letzten Abend im Benin verbringen wir damit, der untergehenden Sonne von einer Felserhebung aus zuzusehen.

Mittwoch, 25. April 2012

Eyina kaba agba - Es geht zu schnell vorbei...


Es ist schon wieder viel Zeit vergangen seit meinem letzten Blogeintrag. Ich war im Benin, habe Ostern gefeiert und bin nun wieder zurück im Schulalltag. Die Zeit scheint nun zu rasen: Es bleiben mir noch drei Monate in Togo. Der Eintrag über meine Reise in den Benin ist noch in Arbeit, aber bis dahin ein kurzer Zwischenbericht:


Ostern.
Als ich Karsamstag abends aus dem Benin nach Hause kam, saß die ganze Familie schon versammelt auf der Terasse. Wirklich alle waren da, um mit uns Ostern zu feiern: die beiden Gastgeschwister aus Lome, Kossivi aus Kara, Asseye, Sesi, Kossi und Sheyi mit ihrer Mama Abra (Kodzos zweiter Frau) und den Kindern von Kossi und Asseye. Da wir normalerweise nur zu viert im Haus sind, ist es wunderschön, wenn das Haus voller Leute und Leben ist – es waren wohl so um die zwanzig.
Der Ostersonntag begann für mich damit, dass ich um fünf Uhr morgens von der Blaskapelle geweckt wurde, die durch das Dorf zog und einen Höllenlärm veranstaltete, damit auch ja niemand vergisst, dass Jesus auferstanden ist. Ich schlief nochmal ein und erwachte schließlich um sieben. Als ich auf den Flur trat, begrüßte mich Sandrine mit: „Tu as fait la grace matinée“. Draußen waren alle schon am Machen und Tun: Wasser holen, fegen, duschen, sich für die Kirche hübsch machen. Der Gottesdienst verlief relativ unspektakulär, außer dass die Blaskappelle einige Extrastücke vorführte und die Kirche mit Palmblättern und Blumen geschmückt war. Nach der Kirche gab es – wie bei jedem großen Fest in Togo – eine ordentliche Völlerei mit Tsongoli, Fufu, Fleisch und Keksen. Tomegbe war ungewöhnlich voll mit Leuten und auch auf unserer Terasse gingen sie ein und aus: Gebürtige Tomegbéer, die nun in Deutschland, Ghana oder US-Amerika wohnen. Am späten Nachmittag fuhren die Geschwister wieder zurück nach Hause. Abends waren mein Gastpapa und ich dann zum Essen bei einer Tante eingeladen, die in Frankreich lebt. Auch dort gab es nochmal Essen, Essen und noch mehr Essen: Salat, Reis, Couscous und natürlich nochmal Fufu.
Ostern war für mich wie sonst auch ein Tag im Kreise der Familie – nur eben diesmal mit meiner togoischen.

Alltag.
Am Dienstag ging auch schon wieder die Schule los, jetzt heißt es Endspurt. Die Lehrer sind gestresst, der Direktor mahnt uns bei jeder Lehrerkonferenz, dass wir unbedingt mit dem Stoff durchkommen müssen – in Mathe wie in anderen Fächer ein Ding der Unmöglichkeit. Das Schuljahr hat ohnehin einen Monat später angefangen (- im Oktober statt im September-), zwischendurch haben die Lehrer tagelang gestreikt und ich war einige Male krank. Mit dem Lehrplan sehe ich das so: Entweder ich haue den Stoff nur so rein und dann verstehen die SchülerInnen gar nichts, werde aber dafür fertig, oder ich nehme mir Zeit zum Erklären und Wiederholen, schaffe aber dafür nicht den gesamten Lehrplan. Daher mache ich lieber eine Übungsstunde mehr und riskiere dafür mit dem Stoff hinterher zu hängen. (- Wahrscheinlich ist dies ein universelles Problem, in meinen Ohren tönen noch Stimmen meiner alten LehrerInnen: „Aber wir müssen doch mit dem Stoff durchkommen...“ -) Jedenfalls sind es jetzt noch ziemlich genau vier Wochen, dann ist das Schuljahr rum. Danach bleiben mit noch zwei Monate, einer fürs Workcamp mit den anderen Freiwilligen zusammen, einer zum Reisen und Zeit mit meiner togoischen Familie verbringen.


Workcamp.
Da die meisten Freiwilligen von Astovot ihre Einsatzstellen an Schulen haben, ist ihre Arbeit dort mit Ende des Schuljahrs Anfang Juni vorbei. Die Freiwilligen überlegen sich daher ein Projekt, das sie in ihrer verbliebenen Zeit in die Tat umsetzen wollen. Wir haben uns dazu entschieden Toiletten für eine Schule in Kpalimé zu bauen. Die über 1700 SchüerInnen auf dem CEG Kpodzi haben keine einzige benutzbare Toilette! Um dieses Workcamp in die Tat umsetzen zu können, brauchen wir natürlich finanzielle Unterstützung, dabei handelt es sich um eine Summe von 5400€. Weitere Informationen findet man unter latrinenfuerkpodzi.wordpress.com und (- einfach draufklicken -) hier den Spenderbrief
Ich würde mich sehr freuen wenn meine LeserInnen uns in unserem Vorhaben unterstützen könnten!
Danke im Voraus!


Der Bericht über meine Reise in den Benin folgt in Kürze!
Bis dahin,

Liebe Grüße aus Togo,
Eure Aku.

Freitag, 16. März 2012

Oh, wie schön ist Tomégbé...

Die Trockenzeit neigt sich dem Ende zu und seit drei Wochen regnet es wieder regelmäßig in Tomégbé. Zunächst ziehen am Nachmittag bloß ein paar Wölkchen auf, dann verdunkelt sich auf einen Schlag der Himmel, die Luft wird kühl und ein Wind zieht auf – es herrscht Weltuntergangsstimmung, die Ruhe vor dem Sturm. „Tsi le dzadza gé“ - Es wird regnen. Dann fängt es auch bald schon an. Es ist ein mächtiger Regen, die Tropfen prasseln auf das Wellblechdach, so dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Ich schließe die Fensterläden, setzte mich auf die Terrasse und schaue den dicken Tropfen zu. Zwischendurch muss der Strom ausfallen, sonst ist es kein ernstzunehmender Regenguss. Meist ist das Spektakel nach einer halben Stunde vorbei. Die Luft ist feucht und frisch und die Landschaft klar. Vorbei die eisigen Nächte des Harmattans, vorbei die trockene Hitze der Nachmittage, vorbei das tägliche Wasser holen am Fluss. Die Schüler lassen ihre Jacken und Pullis daheim und schwitzen dafür vormittags in den Klassenzimmern. Unser Garten füllt sich mit bunten Blumen, Bananen und Ananas wachsen wieder und wir haben einen neuen Gast: ein Chamäleon sitzt auf einem grünen Zweig in der Sonne. Seit einer Woche verweilt es dort, manchmal dreht es sich auf die andere Seite und wenn man es bisschen mit einem Stock reizt, wird es schwarz gefleckt wie ein kleiner Leopard. Mangobäume säumen meinen Schulweg und nun beginnen auch endlich kleine grüne Mangos daran zu wachsen.

Die Zeit vergeht nun wie im Fluge. Ehe man sich versieht, ist auch schon das zweite Trimester vorbei. Die Composition steht nächste Woche vor der Tür. Die Noten versprechen aber besser zu werden als im ersten Trimester; ich gebe inzwischen mündliche Noten und habe zwei Kurztests geschrieben, die sehr gut ausgefallen sind. Ansonsten sitzen Jonas und ich nach wie vor in der Bibliothek, vor allem so kurz vor den Vergleichsarbeiten, und machen Aufgaben mit den SchülerInnen. Das letzte Trimester endet bereits im Mai.
Neuerdings sind Jonas und ich auf den Geschmack gekommen, die umliegenden Dörfer von Tomégbé zu erkunden und haben eine Rundtour auf dem Taxi-Moto gemacht: Über Apeyeyeme, die Kouma-Dörfer und Kouma-Konda (wo es köstlichen Kaffee und Ananasmarmelade zu kaufen gibt) wieder zurück nach Tomégbé. Manchmal vergesse ich, wie atemberaubend schön die Landschaft um mich herum ist. Wenn ich auf dem Moto sitze und sich vor mir die grünen Berge in unendlicher Weite erstrecken, fällt es mir wieder auf, und ich denke: Oh, wie schön ist Tomégbé!

Mehr gibt es fürs Erste auch nicht zu berichten, nach der Composition sind Osterferien und ich fahre mit Simon für eine Woche in den Benin. Reisebericht wird natürlich erstattet!

Seid alle lieb gegrüßt,

die Tomégbélerin.


P.S. Neue Fotos von der Reise mit meiner Schwester und dem Chamäleon gibt es wie stets auf pixxolo.de!



Freitag, 13. Januar 2012

Kulturschock, der zweite

Schon wieder ist ein Monat vorbei, ebenso wie Weihnachten und meine 12-tägige Ghanareise. Und, ich warne schon mal vor, der Bericht ist länger als alle vorherigen.
Also auf Anfang.


Der 24. wird in Togo nicht großartig gefeiert, überhaupt ist Weihnachten laut Papa Kodzo eher „ein Fest für Kinder“. Daher haben meine drei Ghana-Mitreisenden und ich beschlossen, am 24. zu den Wasserfällen von Tomégbé zu wandern und dort den Tag zu verbringen. Da Simon und ich uns den Weg notiert hatten, hofften wir, die Wasserfälle auch ohne Guide wiederzufinden. Die erste Stunde lang hat das auch gut funktioniert, wir sind „beim Beignetstand links“, dann „beim großen Baum halblinks“ und „am Kakaomann vorbei“. Auf dem Weg haben wir etliche Bauern getroffen, die uns unbedingt begleiten wollten und immer wieder besorgt fragten, ob wir denn den Weg kennen würden. Wir versuchten es weiterhin auf eigene Faust. Kurz nach dem Kakaomann haben wir uns dann doch erfolgreich verlaufen und sind an ein paar Kreuzungen mehrmals vorbeigekommen. Schließlich haben wir unser Ziel erreicht, ausgiebig im Becken gebadet und dann unser Weihnachtspicknick genossen: Bananen, Orangen und Papaya zusammen mit aus Deutschland importierten Spekulatius von Mama und einem Plastikweihnachtsbaum von Simons Papa – So richtig vorstellen, dass unsere Familien in Deutschland gerade Weihnachten feiern, konnte sich keiner von uns, es war dennoch ein schöner Ausflug. Abends bin ich dann mit meiner Familie in die Kirche, wo der Chor ganz in weiß gekleidet einen Tanz aufgeführt hat und die Kinder Psalmen aufsagten – leider ist während der Messe drei Mal der Strom ausgefallen. Die ganze Kirche war mit Palmwedeln und Kitschkrusch geschmückt und sogar einen Weihnachtsbaum war aufgestellt worden; keine Tanne zwar, aber immerhin. Am nächsten Tag gab es Fufu mit leckerem Hähnchen und nachmittags haben Selia, die mit uns Weihnachten verbracht hat, und ich uns noch ein paar Bissap-Säfte gegönnt. So ist Weihnachten völlig unspektakulär vorübergegangen, was auch mal ganz schön war, ohne das übliche Durch-die-Geschäfte-hetzen und Jedem-ein-Geschenk-kaufen-müssen. Am nächsten Tag, dem 26.12., ging es auch schon los nach Ghana.


Hinfahrt.
Von Kpalimé geht es ab nach Lomé und dann über die Grenze nach Ghana.
Der vor einem kleinen Grenzposten sitzende, lässig auf seinem Stuhl wippende togoische Grenzbeamte lässt uns ein Formular ausfüllen, sieht sich jeden von uns genau an – unsere Reisetruppe besteht aus drei Frauen und einem Mann – und fragt Simon dann, ob er eine von seinen Frauen abhaben kann. Simon lacht und nach weiterer eingehender Beobachtung entscheidet der Grenzbeamte, dass ich als Ehefrau am ehesten in Frage komme. In einer gewohnt togoischen Langsamkeit, überfliegt er unsere Formulare, stempelt unsere Reisepässe, lacht und lässt uns auf die ghanaische Seite. Also ab zur „Immigration Office“ - das Spielchen mit dem Formular noch einmal, in der Office sitzen vier uniformierte Beamte hinter PCs und Webcams. Wir sollen doch bitte den Sicherheitsabstand wahren. Die Ventilatoren surren und die Klimaanlage kühlt das Büro runter auf gefühlte 20°C (oder: nach meinen momentanen Temperaturvorstellungen - sehr kalt!). Nachdem unsere Formulare dreimal überprüft wurden, jeder von uns mit der Webcam fotografiert wurde und die Grenzbeamten uns angeschnauzt haben, dass wir außer der Telefonnummer gefälligst noch einen Straßennamen angeben sollen, dürfen wir aus dem klimatisierten Büro mit frischen Stempeln im Reisepass wieder raus auf die Straße – nicht, dass es hier unstressiger werden würde: Überall grapschen Taxifahrer nach den Yovos: „'ccra, 'ccra! Nice, small car! 20 Cedis!“ Wie von einer Freiwilligen empfohlen, gehen wir ein Stück weiter, bis sich das Gedränge auflöst und wir in Ruhe einen kleinen Bus finden, der uns für weitaus weniger Geld nach Accra kutschiert.
Dass in Ghana die Busse nicht „vollgemacht“ werden wie in Togo, bedeutet, dass jeder seinen eigenen Platz hat und in einem PKW statt der in Togo üblichen sieben nur vier Leute plus Fahrer sitzen dürfen. Unser Bus ist äußerst komfortabel mit Klimaanlage ausgestattet, ja, sogar das Tacho funktioniert – und das ist nur der Beginn des kleinen Kulturschocks.


Accra.
Die sechsspurige Stadtautobahn, die nach Accra führt, lässt erahnen, was uns in Accra erwartet: Riesige Bankgebäude, Fastfood-Ketten wie KFC und Pizza Hut, die Allianz-Versicherung und Billabong, Bürgersteige, Straßenlaternen, Müllabfuhr, Unterführungen, Taxis, überall Taxis (-in Ghana gibt es keine Motos-), Buslinien und, vor allem, geregelter Verkehr! Ampeln mit grünen und roten Männchen, darunter eine Sekundenanzeige: 10 Sekunden Zeit wird den Fußgängern gegeben, um die Straße zu überqueren – nix für Omis. Und im Gegensatz zu Lomé bleibt hier auch wirklich jedes Auto vor einer roten Ampel stehen. So ungefähr muss es sich anfühlen, wieder zurück nach Europa zu kommen. Die vier Freiwilligen aus Togo sind ein bisschen überfordert. Lustigerweise haben drei von uns in jener Nacht denselben Traum: Wir sind wieder zurück in Deutschland und fühlen uns fremd in einer Welt, die eigentlich die Unsrige ist. Und Accra ist ein kleiner Vorgeschmack auf unseren Rückkehrschock.

Am nächsten Morgen geht es los mit Sightseeing. Vormittags fahren wir zum Markt. Er lässt unsere Münder genauso offen stehen wie die sechsspurige Autobahn: Ein unbeschreibliches Gewusel an Marktfrauen mit Strohhüten, die alles und nichts verkaufen, die einem Riesenschnecken vors Gesicht halten, Frauen mit Metallschüsseln auf ihren Köpfen (oftmals mehrere übereinander gestapelt), Männer, die Dir Schuhe andrehen wollen oder Dich heiraten, alles, alles, denn hier sprüht die Lebendigkeit Funken. Wir trauen uns in eines der mehrstöckigen Häuser für Großhändler. Riesige Lagerbestände an Ohrringen, Waschmitteln, Nagellack, und wir mittendrin. Quetschen uns durch die engen Gänge, durch das Gedränge, immer weiter die Treppe hinauf, bis wir schließlich ganz oben angekommen sind und das Gewimmel unter uns überblicken können. Wieder unten angekommen gehen wir ins Stoffhaus. Es kommt mir vor wie in einer riesigen Fabrik – schwül und stickig, überall sitzen Näherinnen, ihnen gegenüber ein kleines Stoffsortiment. Auch hier ist alles für Großhändler bestimmt, unter 12 Yards Stofflänge bekommt man nichts. Nach einem müden Verhandlungsversuch mit einer der Näherinnen geben wir schließlich auf und verschwinden von dem Stoffhaus und dem Markt, raus aus dem Gewusel.
Zwei Straßen weiter gibt uns die Armut die Hand und führt uns herum. Heruntergekommene Häuser, die Kloake modert in der Straßenrinne, nebenan sitzt eine Waschfrau vor riesigen Wäschebergen. Die Jungen auf dem Fußballplatz stürzen sich erst auf uns und verlangen Geld, dann auf das Essen, das ihnen eine der Freiwilligen schenkt. Ich fühle mich wie in einem Klischeedokumentarfilm über das „arme Afrika“. Hallo, zweites Extrem.
Später geht es ab nach Jamestown, ein Viertel, das mir „heimisch“, vorkommt. Ein ruhiges Viertel, kleine Boutiquen, Straßenstände, Bars mit Plastikstühlen, Cola und Fernsehen – hier fühlen wie uns wohl, es erinnert uns an Togo. Wir schlendern durch die Straßen, entdecken eine Kirche und gehen hinein. Drinnen findet eine Gospel-Chorprobe statt. Wir lauschen ein wenig der Musik und genießen die Atmosphäre.
Wir bequatschen in einer kleinen Bar in Jamestown unser Abendprogramm und beschließen, in der Accra Mall ins Kino zu gehen.

Die Mall überfordert uns wieder, wie so Vieles in dieser Stadt. Man betritt das riesige Gebäude und friert – Klimaanlagen als Zeichen für Wohlstand. Überall Läden von namenhaften Firmen, Hüpfburgen und Karussells für die Kinder, ein Food-Court mit Pizzas und Croissants und allem was der Magen begehrt, ein Internetcafé, ein Buchladen und eben ein Kino. Wir entscheiden uns für einen ghanaischen Film. Der Kinosaal ist quasi leer. Die Ghanaer gehen lieber in die amerikanischen Filme. Unser Film: „Losing You“. Wie nach amerikanischem Vorbild wird die Welt der Reichen und Schönen gezeigt: Ghanaerinnen in Minikleidchen, mehrere Autos in der Einfahrt, im Zimmer steht im Hintergrund der Laptop neben dem Fernseher neben der Klimaanlage. Die Kinder haben in jeder Szene ein neues Kuscheltier. Der Film vermittelt, dass die Kinder lieber Eis essen sollen und sich amüsieren als zur Schule gehen. Dennoch ist der Film erstens sehr amüsant und zweitens sehr aufschlussreich.
Es gibt sie eben beide in Accra, die Extrema. Es gibt die GhanaerInnen, die es sich leisten können, in der Mall einzukaufen, die bei KFC schnell Essen gehen und daheim auf jeden Fall eine Klimaanlage stehen haben. Und es gibt die Slums am Strand, die hungrigen Kinder, die Elektroschrotthändler.

Accra. Megastadt der Kontraste. Ich war nur zwei Tage dort und danach platzte mein Kopf beinahe an Eindrücken. Auch Euch kann ich nur einen Ausschnitt davon vermitteln. Mein Gedanke zum Abschluss: Accra ist alles und noch mehr. Und Accra ist nichts und noch weniger.
Accra ist eben beides.


Weiter nach Cape Coast und Kakum National Park.
In Cape Coast angekommen, finden wir schnell eine Bleibe direkt am Strand. Wir ziehen los und erkunden die Stadt. Sie ist eine eigenartige Mischung aus Touristenort und heruntergekommener, ärmlicher Kleinstadt. Am Strand lungern Rastas, die entweder Selbstgemaltes oder Selbstangebautes verkaufen. Wir fahren in den Kakum National Park, der berühmt ist für seine Hängebrücken über dem üppigen Grün. Es ist ein unglaubliches Gefühl, 60m über dem Boden zu schwanken und unter einem der Regenwald. Die Höhe wird einem nicht wirklich bewusst, denn die Bäume lassen selten einen Blick bis auf den Boden zu. Tiere allerdings gibt es keine zu sehen, da sie sich von Besucherpfaden fernhalten. Zwei Tage noch entspannen wir am Strand, dann geht es weiter nach Kumasi.


Kumasi.
In Kumasi soll sich angeblich der größte Markt Westafrikas befinden. Das ist jedoch eine Fehlannahme, denn Kumasi ist der Markt. Die ganze Stadt besteht aus Markt, mal aus weniger, mal mehr Ständen, und „mehr Markt“ erkennt man daran, dass man sich gedrängt und gequetscht fühlt wie auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt. Ich bin mir sicher, würde man lange genug suchen, fände man auch Glühwein hier. Doch Markt bedeutet auch immer, dass es anstrengend ist. Vor allem als Yovo, oder besser gesagt „obloni“ auf Twi. Jeder will die besten Schuhe, die tollsten Jacken und die besten Tomaten an Dich verkaufen. Und natürlich zu einem „good price, good price“. Wir laufen durch die Kleiderabteilung. Hier ist also das Zeug gelandet, dass die Menschen an Weihnachten säckeweise in die Altkleidercontainer werfen – inklusive Wollmützen und Wintermänteln, die in Kumasi kaum gebraucht, aber dennoch von der Jugend als Modeaccessoires getragen werden.


Ho.
Nach dem größten Markt Westafrikas fahren wir in ruhigere Gefilde. Ho, eine Stadt nahe des Volta-Sees, ist unsere nächste und letzte Station. An einem Tag besteigen wir den Mt Adaklu, von dem aus man vielleicht den Volta-See sehen könnte, wenn nicht Harmattan wäre und alles voller Staub.
Am anderen Tag fahren wir nach Akosombo, der Stadt am Staudamm. Ein Taxifahrer will uns für 40 Cedis zum Staudamm fahren. Wir lachen und lehnen ab. Viel zu teuer! Lieber suchen wir uns ein kleines Boot (Pirogue) und tuckern damit über den See. Nach kurzer Zeit finden wir auch einen Fischer, der uns mit raus nimmt. Die Landschaft um den See ist atemberaubend schön. Nach dem Ausflug verlangt der Fischer „so viel, wie wir für richtig halten“ und wünscht uns einen schönen Tag.



Heimreise.
Nach 12 Tagen ist meine Reise ins „europäische“ Ghana (Zitat meines Schulleiters in Tomégbé) auch schon wieder vorbei. Ich bin an der Busstation und will zurück nach Kpalimé, meine Reisegesellin der letzten Tage fährt Richtung Lomé. Ich finde ziemlich schnell einen Fahrer und ab geht’s, heimwärts. In einem kleinen Dorf in Ghana bleibt der Fahrer stehen. „Wir sind da“, sagt er. Ich sehe mich um. Nein, das ist nicht Kpalimé. „Doch“, sagt er und zeigt auf das Schild, das rechts am Straßenrand steht: Kpalimé-Toh. Ich fühle mich wie Herr Taschenbier in „Das Sams“, als er unpräzise Wünsche formuliert und dadurch ein Zimmer voll Eisbrocken hat, anstatt einen Becher mit Speiseeis. „Nicht Kpalimé, Ghana. Kpalimé, Togo!“ Der Fahrer lacht laut auf und bringt mich zum nächstgrößeren Busbahnhof, auf dem jeder nach ca. 10 min weiß, dass der Yovo sich „verfahren“ hat – in der Voltaregion wird übrigens wieder Ewe gesprochen. Eine abenteuerliche Busfahrt, eine lange Verhandlung mit einem Moto-Fahrer, einen Grenzübergang und einige Stunden später bin ich wieder daheim in Kpalimé, Togo und eine halbe Stunde später in Agomé-Tomégbé, Togo (nebenbei: Es gibt noch Agou-T., Badou-T., Agomé-Yoh und einige weitere ähnlich klingende Dörfer).


Tu préfères le Togo ou bien le Ghana? (Gefällt Dir Togo oder Ghana besser?)
Diese Frage wurde mir neben dem obligatorischen „Was hast du mir mitgebracht“ oft gestellt. Und oft habe ich mit Togo geantwortet, einfach, weil ich mich, sobald ich in Togo war, wieder daheim gefühlt habe. Die Menschen in Tomégbé, mit denen ich die Frage diskutiert habe, haben alle mit Ghana geantwortet – selbst wenn sie noch nie dort waren. Klar, in Ghana ist das Geld. Ghanas politische und wirtschaftliche Stabilität macht vieles einfacher, hinzu kommt die millionenschwere Entwicklungshilfe, die vor allem von Großbritannien ausgezahlt wird. Eigentlich ist es unfair zu behaupten, dass Ghana „wie Europa“ sei – auch das habe ich hier schon mehrfach vernommen. Als käme erst Europa, dann Ghana, sozusagen als Zwischenstufe, dann das „arme“ Togo. Als könnte es kein modernes Afrika geben. Viel zu oft, wenn ich ein Fastfood-Restaurant oder ein imposantes Gebäude in Accra gesehen habe, dachte auch ich: Wie in Europa!
Aber Afrika ist eben nicht nur Hunger, Armut und Entwicklungshilfe, wie so oft und so gerne von den Medien dargestellt wird. Afrika kann auch Wohlstand, Konsum und Tourismusmagnet sein, wieso nicht? Auch Togo arbeitet sich Stück für Stück voran, auch wenn viele Togoer, mit denen ich sprach, resigniert wirken. Im Dezember wurde für zwei Tage nationaler Lehrerstreik ausgerufen – nahezu alle Lehrer sind daheim geblieben. Sie fordern höhere und gerechtere Löhne. Zwei Lehrer, beide mit einem Bachelor-Abschluss, verdienen gleichviel. Der eine arbeitet 20h die Woche, der andere 6h die Woche. Bisher brachte der Streik kein Resultat, doch ein zweiter im Januar ist bereits geplant. Wichtig ist doch, dass etwas geschieht. Und dass der togoische Präsident Faure nicht noch eine Villa mit Hubschrauberlandeplatz von Steuergeldern baut, sondern endlich die Löhne und das Kindergeld anhebt (es beträgt momentan 2000F, ca. 3€ pro Monat). Bis ich in Togo denken werde: „wie in Europa“ oder „wie in Ghana“ ist es sicher noch ein weiter Weg. Aber es geht voran, molo, molo (langsam, langsam).

So, nun ist aber Schluss!
Fotos gibt’s wie immer auf pixxolo.de!


Auf bald,
wie immer freue ich mich auf Resonanz, welcher Art auch immer,
und nachträglich wünsche ich Euch ein frohes neues Jahr!


Claudia Aku.