Freitag, 23. September 2011

Ein neuer Name

Nun sind wir schon seit fast drei Wochen hier in Togo und seit fast zwei in Kpalimé. Ich habe mein erstes „Angekommen“-Gefühl, auch wenn ich das restliche Jahr eigentlich im 20min entfernten Tomegbé verbringen werde. Kpalimé ist wirklich wunderschön! Die bergige Landschaft, die Palmen und Bananenstauden, alles ist unendlich grün – willkommen in den Tropen. Hier ist es deutlich feuchter als in Lomé und es regnet jeden zweiten Tag – und auch Regen ist toll hier, denn danach ist die Luft frisch und der Geruch von feuchter Erde steigt einem in die Nase.
Die erste Woche in Kpalimé hatten wir Seminar: Allerletzte Fragen klären, einige kulturelle Eigenheiten beigebracht bekommen – linke Hand: niemals nie, außer auf dem Klo! Wenn deine Gastmama sagt „reviens vite“ heißt das nicht, dass du schnell, sondern, dass du heil und gesund wiederkommen sollst – und letzten Freitag unsere erste richtige Ewe-Stunde bei Chérita.
Nun können wir schon einen kleinen Dialog:

Ndo! Efoa? (Guten Tag, wie geht’s?)
Eh, mefon. Woyade? (Gut, und dir?)
Nye ha mefon. N'ko wode? (Auch gut. Wie heißt du?)
N'ko nye ye nye … . Fika netso? (Ich heiße … . Woher kommst du?)
Metso Togo. (Ich komme aus Togo.)

Außerdem hat jeder von uns einen neuen Namen. In Togo wird man nämlich nach dem Wochentag benannt, an dem er geboren wurde. Da ich an einem Mittwoch geboren wurde, heiße ich Aku. Es wird außerdem nach Geschlecht unterschieden. Jonas, mein Einsatzstellenpartner, der auch am Mittwoch geboren wurde, heißt Koku. Der Ewe-Kurs wird nun wöchentlich fortgeführt und ich hoffe, mich nach dem Jahr wenigstens grundlegend auf Ewe verständigen zu können.
Letzten Mittwoch haben wir mit unserem Workcamp angefangen, das Simon und ich leiten. Leiten heißt: ein paar Energizer machen, die Gruppe motiviert halten und Kwami fragen, was es heute zu tun gibt und das an die Gruppe weiterleiten. Da die Arbeit ziemlich anstrengend ist, arbeiten wir bisher immer nur vormittags. In den letzten Tagen haben wir das Grundstück vor dem Siège begradigt und Gras und Blumen eingepflanzt. Es ist ganz unglaublich, wie schnell man mit einer Gruppe von zwanzig Leuten vorankommt. In der nächsten Woche werden wir an der Straße, die zum Siège führt noch einige Bäume pflanzen. Außerdem werde ich Kwami fragen, ob wir ein Schild an der Hauptstraße anbringen können, das zum Siège führt – die Moto-Fahrer wissen nämlich nie genau, wo der Astovot-Siège ist.
A propos Moto-Fahren: Das Hintendrauf sitzen auf Motorrädern ist hier in Kpalimé und auch in Lomé das gängigste Verkehrsmittel. Grundsätzlich gilt: Innerhalb von Kpalimé mindestens 100 CFA, allerhöchstens aber 200 CFA (umgerechnet also zwischen 0,15 und 0,30€ pro Fahrt). Moto-Fahrer erkennt man meist daran, dass sie keine Tasche dabei haben und, wenn sie „leer“ fahren, meist langsamer sind oder Augenkontakt suchen. Auch kann man „Woleya“ (Du wirst gerufen) oder „sssst“ sagen, um ein Moto-Taxi herbeizurufen. Als Yovo bleibt man ohnehin nicht lange ohne Moto, weil quasi jeder einen mitnehmen möchte.
Wenn wir mal nicht Seminar oder Workcamp haben, gehen wir auf den Markt und kaufen Stoffe oder gönnen uns ein kühles Getränk bei der Saft-Frau neben dem Markt. Ich lasse mir jetzt bei Mimi, der Schneiderin unseres Vertrauens, meine erste Pagne-Hose machen. „Ausflüge“ zum Inder sind mittlerweile ebenfalls beliebt: In dem Laden im Zentrum kann man von Nutella über Generatoren und Radios bis Deo und Shampoo alles kaufen.
Am Wochenende machen wir Exkursionen mit unserem altbekannten gelben Astovot-Bus, zum Beispiel zu wunderschönen Wasserfällen, bei denen man baden konnte. Morgen geht es dann auf den Mont Kloto, von dem aus man eine tollen Blick auf Kpalimé und Tomegbé haben soll.

Noch wohnen wir alle zusammen in Kpalimé, noch reden wir die meiste Zeit über deutsch, noch essen wir jeden zweiten Tag Spaghetti - „Schonkost“ bei Astovot, bevor wir richtig scharfes Essen bekommen. Aber wir alle hier sind sehr gespannt auf unsere Gastfamilien und warten sehnsüchtig darauf, dass die zwei Wochen hier vorbei sind und wir endlich richtig ankommen und aufhören, auf Strohmatten zu schlafen.
Und wenn es soweit ist und ich endlich „daheim“ bin, schreibe ich euch wieder- versprochen!

Eure Aku

Franzi und Jonas beim Wasser holen

Wunderschönes Kpalimé

Der Fanmilk-Eisladen
 

Sonntag, 11. September 2011

Kulturschock, der erste

Sonntag früh stieg ich in eine gut klimatisierte Air-France-Maschine, die mich 6 Stunden später in Lomé, Togo absetzte und rief, ich solle vor Juli nicht wiederkommen.
Am Flughafen angekommen, wurden alle Freiwilligen (insgesamt 7 sci'ler, 8ijgd'ler und eine Belgierin) herzlichst von den Mitarbeitern unserer Partnerorganisation Astovot und der Freiwilligen Judith begrüßt. Unser gesamtes Gepäck wurde auf den berühmten gelben Astovot-Bus geladen und wir zu 17t reingesteckt. Wie das geht? C'est facile: vier Freiwillige in jeder Reihe und in einer Reihe eben fünf. Während mir der Fahrtwind das Gesicht streichelt, beobachte ich die Welt draußen, Lomé, das „weiße Haus“ des Präsidenten, einen Friedhof, eine Moschee, eine Kirche, Menschenansammlungen mit Musik und Motorrädern und Apotheken.
Angekommen freue ich mich: Im Haus, in dem wir untergebracht sind, gibt es Strom und fließend Wasser. Dann, unvorbereitet, der erste Kulturschock: Zum Essen gibt es Spaghetti mit Gemüse! Und zum Nachtisch Orangen! ...Davor aber noch eine Zerreißprobe: Wie macht man die mit Trinkwasser gefüllten Plastiksäckchen (pure water) auf? C'est facile: Eckzähne an die Ecke und rein beißen. Dann – genüsslich trinken und den Chlorgeschmack ignorieren.
In den nächsten Tagen zeigen uns die Astovot'ler Lomé. Wir machen einen Besuch bei der deutschen Botschaft, eine Überfahrt auf dem Lac Togo mit togolesischen Booten (Pirogue), eine Begegnung mit dem Vodooglauben auf einem berühmten Markt – Wir sind ganz Touris in unserer Einheitsmontur, den weiß-blauen Astovot-T-Shirts.
Insgesamt lautet das Stichwort bei Astovot: Travailler ensemble pour une solidarité humaine. - Gemeinsam arbeiten für menschlichen Zusammenhalt. So fühlt man sich hier auch. Sehr wohl und sehr aufgehoben. Astovot ist nicht nur unsere Organisation, sondern unsere Familie. Und ohne die wären wir hier ziemlich aufgeschmissen. Ich lerne und lerne und lerne. Versuche, alles zu behalten. Die wenigen Fetzen ewe, die mir Ashraf beigebracht hat. Versuche, an das Mückenspray zu denken, auch wenn mir die freundlichen Tierchen trotz allem die Knöchel zerstechen. Merke, wie unsere Truppe immer selbstständiger wird, immer sicherer im Umgang mit Händlern oder Kindern, die „Yovo, yovo“ (Weißer) rufen. Vieles erscheint mir noch fremd, aber vieles kommt mir nach einer Woche in Togo schon sehr vertraut vor, weil ich es vielleicht aus Tansania oder von Erzählungen früherer Freiwilliger kenne, vielleicht auch, weil es so fremd auch nicht ist, und weil es in Deutschland genauso Friedhöfe, Kirchen und Apotheken gibt.
Es sind schrecklich viele Eindrücke, die hier auf mich herab prasseln wie tropischer Regen und von denen ich noch gar nicht so genau weiß, welche hier erwähnenswert sind und welche nicht. Aber ich versuche mich darin und hoffe, dass ich Euch die Eindrücke ein bisschen vermitteln kann.

Zum Schluss noch ein wichtiges Anliegen: Ich danke ganz herzlich allen Spenderinnen und Spendern! Insgesamt sind 2900€ an Spenden zusammen gekommen, also 1250€ über dem erforderlichen Betrag! Das Geld geht wie bereits erwähnt in einen Solidaritätsfond von IJGD, und der überschüssige Betrag finanziert andere Freiwillige, die nicht so erfolgreich mit ihrem Förderkreisaufbau waren. Nochmals vielen lieben Dank. Wer sich noch nicht in die Spenderliste eingetragen hat, schreibt mir bitte eine Mail: claudiagehtweltwaerts.blogspot.com

Beste Grüße aus Togo!

Eure Claudia

Lomé

Lac Togo

Der Astovot-Bus

Strand in Lomé

Zerreißprobe!