Seit
Ende Juni ist unser Workcamp nun vorbei, die Latrinen stehen
(fast...) und werden ab kommendem Schuljahr hoffentlich benutzt
werden. Ich selbst wohne seit Ende Juni in Lomé. Was ich da mache?
Nach meiner langen Krankheitsphase im Mai habe ich beschlossen nicht
mehr auf Reisen zu gehen und stattdessen ein Krankenpflegepraktikum
in der Polyclinique Internationale St.Joseph abzuleisten.
Die
Aufgaben sind hier ganz typisch für ein Pflegepraktikum: Patienten
messen, auf die „Patientenklingel“ reagieren und die Patienten zu
Untersuchungen etc. bringen. Oftmals also einfach nur Laufbursche.
Dazu muss gesagt werden, dass es im St.Joseph schon
deutlich anders zugeht als in anderen Krankenhäusern oder
Gesundheitsstationen Togos: In allen anderen Krankenhäusern braucht
man, wenn man krank ist, eine Begleitperson, die sich um einen
kümmert, Essen bringt und den/die Krankenpfleger/in holt falls was
ist. Da das St Joseph eine Privatklinik ist fühlt man sich doch mehr
an Deutschland erinnert – vor allem durch die Patientenklingel.
Hinzu kommt, dass es hier eine Hand voll Ärzte gibt, in den
Gesundheitsstationen hingegen lediglich einen „Assistant médical“.
Jedenfalls fühle ich mich immer wohl, wenn ich im Krankenhaus
arbeite und das ist wohl als angehende Medizinstudentin ein gutes
Zeichen. Letzten Mittwoch durfte ich sogar bei einer Operation
zuschauen (Myemektomie) und bin weder
umgekippt noch fand ich es ekelig, sondern war eher erstaunt wie man
„einfach“ jemanden aufschneiden, das Böse im Körper
herausschneiden und anschließend wieder zunähen kann.
Dann
gibt es wiederum die anderen Tage. Tage, an denen es so wenige
Patienten gibt, dass man nichts zu tun hat. Oder Tage, an denen eine
26-jährige Patientin nachts mit Erbrechen und Kopfschmerzen
eingeliefert wird und am Morgen darauf an einer Hirnblutung stirbt.
Ohne dass man es hätte ahnen können. Aber auch das gehört zum Krankenhausalltag.
Und
Lomé? Ist laut, großstädtisch und dreckig. Und ich fange an, Lomé
zu mögen. Es gibt in Lomé alles. Naja, oder fast. Kpalimé wirkt
nun wieder wie ein Dorf wenn ich aus Lomé zurückkomme. Die
Motopreise überschreiten tagsüber nie 200F und ich habe keine Angst
eine Straße zu überqueren. Dafür gibt es in Lomé das
Goethe-Institut, die dortige Bibliothek mit aktuellen Zeitungen,
Schöner-Wohnen-Katalogen und Heinrich-Böll-Romanen, es gibt das
Centre Culturel Francais mit Filmvorstellungen aktueller Kinofilme
(mittwochs um 18 Uhr) und das Foyer des Marins, das sonntags
Käsekuchen und Schwarzwälder Kirschtorte verkauft.
Ich habe
das Gefühl in einer „Zwischenwelt“ zu leben. In meiner
Vergangenheit liegen das Bergdorf Tomégbé, meine 4ème-Schüler,
die Schulbibliothek, der Mt Kloto, die Wasserfälle und die
unendliche Ruhe; vor mir liegen Stuttgart, meine Familie, meine
Freunde, mein Studium, mein Umzug nach Leipzig. Und ich hänge
irgendwie dazwischen und akklimatisiere mich. Vielleicht wird mich
Lomé vor dem Rückkehrschock bewahren.
Ich
stelle mir vor, wie es ist, wieder in Deutschland zu sein. Die
Straßen: ausgestorben? Keine Straßenstände, keine Frauen mit
Wasser auf dem Kopf (oder Karotten oder Nagellack), keine Motos, die
einen schnell mal von A nach B bringen, und überall nur Yovos? Ist
es in Deutschland wirklich so kalt wie man hier behauptet? Obwohl,
jetzt ist doch eigentlich Sommer in Deutschland. Ist in Deutschland
alles teuer? Ist in Deutschland alles besser? Ich war nur elf Monate
weg, aber es kommt mir ewig vor.
Ich
zähle langsam die Tage. Es sind noch vierzehn. Am Freitag in zwei
Wochen nach sechs Stunden und zehn Minuten Flugzeit lande ich in
Stuttgart. Die Fahrt nach Balanka dauert länger. Noch sieben Tage im
St. Joseph arbeiten, noch einmal Fufu essen bei Luc, noch einmal auf
den Markt gehen und Obst kaufen, noch hundertmal Motofahren und
handeln und sich der Sonne und der Menschen erfreuen. Dass ich so viel zähle ist
vielleicht gut. Vielleicht wandert mein Kopf langsam nach
Deutschland. Und mein Körper kommt demnächst nach.
Wie es
zurück in Deutschland ist? Verrate ich im nächsten und letzten
Bericht.
Bis bald
(und diesmal wirklich)
Eure
Aku.
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