Freitag, 13. Juli 2012

Lomé, ça bouge!


Seit Ende Juni ist unser Workcamp nun vorbei, die Latrinen stehen (fast...) und werden ab kommendem Schuljahr hoffentlich benutzt werden. Ich selbst wohne seit Ende Juni in Lomé. Was ich da mache? Nach meiner langen Krankheitsphase im Mai habe ich beschlossen nicht mehr auf Reisen zu gehen und stattdessen ein Krankenpflegepraktikum in der Polyclinique Internationale St.Joseph abzuleisten.
Die Aufgaben sind hier ganz typisch für ein Pflegepraktikum: Patienten messen, auf die „Patientenklingel“ reagieren und die Patienten zu Untersuchungen etc. bringen. Oftmals also einfach nur Laufbursche. Dazu muss gesagt werden, dass es im St.Joseph schon deutlich anders zugeht als in anderen Krankenhäusern oder Gesundheitsstationen Togos: In allen anderen Krankenhäusern braucht man, wenn man krank ist, eine Begleitperson, die sich um einen kümmert, Essen bringt und den/die Krankenpfleger/in holt falls was ist. Da das St Joseph eine Privatklinik ist fühlt man sich doch mehr an Deutschland erinnert – vor allem durch die Patientenklingel. Hinzu kommt, dass es hier eine Hand voll Ärzte gibt, in den Gesundheitsstationen hingegen lediglich einen „Assistant médical“. Jedenfalls fühle ich mich immer wohl, wenn ich im Krankenhaus arbeite und das ist wohl als angehende Medizinstudentin ein gutes Zeichen. Letzten Mittwoch durfte ich sogar bei einer Operation zuschauen (Myemektomie) und bin weder umgekippt noch fand ich es ekelig, sondern war eher erstaunt wie man „einfach“ jemanden aufschneiden, das Böse im Körper herausschneiden und anschließend wieder zunähen kann.
Dann gibt es wiederum die anderen Tage. Tage, an denen es so wenige Patienten gibt, dass man nichts zu tun hat. Oder Tage, an denen eine 26-jährige Patientin nachts mit Erbrechen und Kopfschmerzen eingeliefert wird und am Morgen darauf an einer Hirnblutung stirbt. Ohne dass man es hätte ahnen können. Aber auch das gehört zum Krankenhausalltag.
Und Lomé? Ist laut, großstädtisch und dreckig. Und ich fange an, Lomé zu mögen. Es gibt in Lomé alles. Naja, oder fast. Kpalimé wirkt nun wieder wie ein Dorf wenn ich aus Lomé zurückkomme. Die Motopreise überschreiten tagsüber nie 200F und ich habe keine Angst eine Straße zu überqueren. Dafür gibt es in Lomé das Goethe-Institut, die dortige Bibliothek mit aktuellen Zeitungen, Schöner-Wohnen-Katalogen und Heinrich-Böll-Romanen, es gibt das Centre Culturel Francais mit Filmvorstellungen aktueller Kinofilme (mittwochs um 18 Uhr) und das Foyer des Marins, das sonntags Käsekuchen und Schwarzwälder Kirschtorte verkauft.
Ich habe das Gefühl in einer „Zwischenwelt“ zu leben. In meiner Vergangenheit liegen das Bergdorf Tomégbé, meine 4ème-Schüler, die Schulbibliothek, der Mt Kloto, die Wasserfälle und die unendliche Ruhe; vor mir liegen Stuttgart, meine Familie, meine Freunde, mein Studium, mein Umzug nach Leipzig. Und ich hänge irgendwie dazwischen und akklimatisiere mich. Vielleicht wird mich Lomé vor dem Rückkehrschock bewahren.
Ich stelle mir vor, wie es ist, wieder in Deutschland zu sein. Die Straßen: ausgestorben? Keine Straßenstände, keine Frauen mit Wasser auf dem Kopf (oder Karotten oder Nagellack), keine Motos, die einen schnell mal von A nach B bringen, und überall nur Yovos? Ist es in Deutschland wirklich so kalt wie man hier behauptet? Obwohl, jetzt ist doch eigentlich Sommer in Deutschland. Ist in Deutschland alles teuer? Ist in Deutschland alles besser? Ich war nur elf Monate weg, aber es kommt mir ewig vor.
Ich zähle langsam die Tage. Es sind noch vierzehn. Am Freitag in zwei Wochen nach sechs Stunden und zehn Minuten Flugzeit lande ich in Stuttgart. Die Fahrt nach Balanka dauert länger. Noch sieben Tage im St. Joseph arbeiten, noch einmal Fufu essen bei Luc, noch einmal auf den Markt gehen und Obst kaufen, noch hundertmal Motofahren und handeln und sich der Sonne und der Menschen erfreuen. Dass ich so viel zähle ist vielleicht gut. Vielleicht wandert mein Kopf langsam nach Deutschland. Und mein Körper kommt demnächst nach.
Wie es zurück in Deutschland ist? Verrate ich im nächsten und letzten Bericht.


Bis bald (und diesmal wirklich)



Eure Aku.

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